Vorwort: HaHa, schon zwei Jahre vor Buchveröffentlichung standen völlig unbemerkt zwei Auszüge aus dem Buch auf der Seite ^^ Naja, aber jetzt wo es veröffentlicht ist kann man ja wenigstens mal verlinken. Also der Text ist aus www.marienloha.de/buecher/waschbaer-im-schlafrock
Mein Blick fällt auf die Uhr. An irgendwas erinnert mich ihr Anblick. In meinem Kopf knackt es komisch. Dann fällt es mir wieder ein. Ich schnappe meine Sachen und renne zum Bus.
Es ist super eklig, zum Bus zu rennen. Also weniger das Rennen an sich, sondern mehr das Stehen danach. Schlimmer wird das Ganze noch, wenn es draußen kalt, im Bus total warm und am besten noch überfüllt ist.
Vielleicht sollte ich einfach auf Arbeit rennen?
Aber selbst wenn ich das schaffe, hätte ich den Stehmoment ja auch nur hinausgezögert. Irgendwann muss man ja mal stehenbleiben. Wenn der Busfahrer jetzt, kurz bevor ich da bin, losfährt, schwöre ich mir, ich hol ihn bis zur nächsten Ampel ein. Es gibt ja solche Sadisten. Die sehen einen, warten noch, bis man ganz nah dran ist, und fahren erst dann los. Ich habe es sogar mal geschafft, noch an die Fahrertür zu klopfen. Nix, völlig ignoriert. Diesmal schaffe ich es gerade noch so, bevor die Türen schließen. Ich stehe mit hochrotem Kopf im Bus und der Schweiß rinnt mir aus allen erdenklichen Poren. Und auch aus denen an die noch gar keiner gedacht hat. Der Mann neben mir schwitzt auch so. Nur leider versucht er nicht so rücksichtsvoll wie ich, mit angeklappten Armen dazustehen und möglichst niemanden zu berühren. Nein, er hält sich schön mit beiden Armen an jeweils einer Halteschlaufe fest. Das mag ihm vielleicht etwas frischen Wind unter die Achseln wehen, aber eben dieser Wind erreicht Augenblicke später, leider nicht mehr ganz so frisch, die um ihn stehenden Menschen. Nicht sehr angenehm. Er keucht, prustet und schwingt in jeder Kurve unkontrolliert hin und her. Klatsch, klatsch, klatsch, immer hin und her. Er sieht aus wie ein Boxer, der in den Seilen hängt. Leider riecht er auch so. Also ich weiß natürlich nicht, wie Boxer nach einem Kampf riechen, aber wenn man diese verschwitzten Schwergewichte so im Fernsehen sieht, denkt man doch weniger an einen angenehmen Duft. Der Busfahrer flucht die Autos vor ihm an und legt einen sehr ruppigen Fahrstil an den Tag. Stereotyp Busfahrer. Obwohl wahrscheinlich nicht mal fünf Prozent diesem Typ entsprechen, stellt man sich einen Busfahrer doch genau so vor. Das Krasse, Auffällige und Negative bleibt einem immer im Gedächtnis. Wer erinnert sich schon an den ruhigen Busfahrer mit dem gemütlichen Fahrstil? Wer erzählt schon davon, dass heute die Bahnen alle pünktlich kamen, normal gefüllt und angenehm klimatisiert waren? Es in der Supermarktschlange zügig voranging, die Kassiererin kompetent und flink war und die Oma vor einem mit Karte bezahlt hat? Wer erzählt schon davon, dass das Auto schnurrt wie ein Kätzchen, man zum normalen Preis getankt hat und in naher Zukunft keine Untersuchungen anstehen? Wer erzählt denn von sich aus, dass es ihm prima geht, man gesund ist, auf Arbeit alles läuft und zu Hause alles in Ordnung ist? Da würden einen die Leute doch komisch angucken und sich vermutlich beim Nächsten beschweren, dass einem dieser Arsch seine Zufriedenheit auch noch auf die Nase binden muss. Das Positive merken wir uns nicht und es will auch keiner hören. Höchstens wenn im Gegenzug auch etwas Negatives dabei ist, nur so um den Kontrast zu verdeutlichen. Wir Menschen sind schon eine seltsame Spezies. Dabei kann ich natürlich nicht für die ganze Menschheit sprechen. Wer weiß, vielleicht läuft es anderswo auch anders. Klar, ist ja auch anderswo. Wenn es anderswo genauso wäre wie hier, wäre es ja hier. Möchte sagen: Vielleicht verhält es sich bei einem Volk im Urwald nicht so. Aber die haben ja auch keine Busse. Noch keine. Die Globalisierung dezimiert das Anderswo zusehends. Das alles schießt mir so durch den Kopf, als ich gefährlich nahe an der Achselgegend des Boxers vorbeirausche. Vielleicht sondert sein Schweiß irgendwelche Stoffe ab, die die Gehirnfunktion beschleunigen. Bin kurz davor, meine Nase unter seinen Arm zu pressen und einmal tief Luft zu holen, um diese Theorie zu prüfen. Kann mich aber in letzter Sekunde stoppen. Eigentlich halte ich mich auch nur so nahe bei Stinkie auf, damit mein eigenes Schwitzen nicht so doll auffällt. Endlich kommt meine Station. Ich schlängle mich durch die anderen Fahrgäste nach draußen. Hier und da riecht einer sogar schön nach Parfüm. Wobei „schön nach Parfüm riechen“ auch ganz schön unschön sein kann, wenn man davon zu viel benutzt. Leider benutzen viele viel zu viel Parfüm. Das kommt daher, weil man selbst die Empfindlichkeit für einen Geruch verliert, wenn man sich immer dasselbe Zeug raufschmiert. Man benutzt dann immer mehr, immer mehr und riecht irgendwann wie eine Parfümeriemitarbeiterin. Es gibt ja viele Berufe, bei denen man abends auch nach seinem Beruf riecht. Imbissbude, Kanalarbeiter, Fischverkäufer, etc. Und eine Parfümverkäuferin stelle ich mir auch so vor. Wenn, dann wäre das ja wenigstens noch die angenehmere Variante. Dann wäre ich aber dafür, dass die anderen stinkigen Berufe in Rotation auch mal in der Parfümerie arbeiten. Dann kommen die auch mal ‚angenehm‘ riechend nach Hause. Und der einen oder anderen Verkäuferin aus der Parfümerie würde das Malochen in der Kanalisation oder die Betätigung als Pommesbademeisterin sicherlich auch mal ganz gut tun.