Ich hab grade Weihnachten in den Keller eingesperrt.
Same procedure as every year.
Die Dekoration ist wieder in ihrer kleinen Kiste eingeschlossen. Darauf steht, über die Jahre bereits verblichen, „Weinachtzeug“.
Jetzt bloß nicht melancholisch werden.
Ich fahre einkaufen und breche unter einem Weinkrampf in der Süßigkeitenabteilung zusammen. Die Regalreihen mit den Weihnachtsleckereien sind weg und der übriggebliebene Kram wartet demütigend rabattiert auf den perfiden Schnäppchenjäger.
Ich kenne jemanden, der Stollen extra einfrostet, um ihn dann im Sommer beim Picknick an möglichst öffentlichen Orten zu verspeisen. „Ohh…wo haben sie denn den Stollen her?“
Seitdem die Weihnachtssachen jedoch schon im Sommer in den Supermarktregalen stehen, ist das zu seinem Leidwesen nun nichts Besonderes mehr.
Wenns nach mir ginge, sollten sie sie stattdessen noch einen Monat nach Weihnachten im Regal lassen. Im August hab ich noch kein Bock auf das Zeug, eher nach Weihnachten. So, um es sanft ausklingen zu lassen.
Aber das geht ja nicht. Schließlich steht Ostern vor der Tür.
Eine Mutter fragt ihr Kind:
„Möchtest du lieber Eichhörnchenjoghurt oder einen mit Rentieren?“
Urinstinkte befriedigen schön und gut, aber das geht mir dann doch zu weit.
„Rentierjoghurt! Rentierjoghurt!“, plärrt das Kind.
Gute Wahl. An so’nem Eichhörnchen ist ja nicht viel dran.
Bei uns gab’s ja nur sowas Schnödes wie Erdbeerjoghurt.
Heute knickt man den Joghurt und kippt knusprige Rentiere oder Eichhörnchen hinein.
Es war ein gutes Jahr…gutes Jahr…trallala.
Und Weihnachten war wie immer…Weihnachten.
Die Geschenke kamen gut an…glaub ich.
Also ich hab mich gefreut…glaub ich.
Die ganze Familie hatte zusammengelegt, um Oma und Opa einen Flachbildfernseher zu kaufen.
Nicht dass sie sich einen gewünscht hätten, aber da ihr alter Röhrenfernseher die Bilder inzwischen so wiedergab als hätte sie ein zweijähriges Kind mit Farbschwäche koloriert und sein ständiges Flimmern selbst einem Nichtepileptiker arg zu schaffen machte, dachten wir es wäre an der Zeit ihnen ein bisschen zu ihrem Glück zu verhelfen.
Manchmal brauchen alte Menschen eben einen Schubs für den Fortschritt.
Oma verlieh ihrer Freude mit einem „Oh“ Ausdruck. Opa war die ganze Sache sogar noch einen Vokal mehr wehrt, er sagte „Oha“.
Nach einer peinlichen Stille fragte Oma: „Und wie funktioniert das?“
„Wie der Alte, nur viel besser“, sagte mein Vater freudestrahlend.
„Aber der funktioniert doch noch“, sagte Opa.
„Naja…“, sagte ich.
„Der Neue verbraucht auch viel weniger Strom, da spart ihr ganz schön Geld“, sagte meine Mutter.
Die Großeltern nickten. Dieses Argument leuchtete ihnen ein.
Gerissen Mutter. Sehr gerissen.
Am 2.Weihnachtsfeiertag waren wir bei meinen Großeltern zum Essen eingeladen. Den Fernseher hatten sie sogar schon aufgebaut.
Na toll, da hätten wir uns die zwei Stunden Sabotageplanung, um den alten Fernseher endgültig kaputt zu machen, ja schenken können. Wir haben extra alle Fernsehhersteller angerufen, um zu fragen, wie die ihre Geräte nach ein paar Jahren kaputt gehen lassen.
„Warum steht da ein Tisch hinter dem Fernseher?“, fragte ich.
„Naja, irgendwo muss das Zeug doch hin, das vorher auf dem Fernseher stand“, sagte Oma.
Der neue Fernseher stand nun auf demselben Fernsehschrank, ganz vorne an der Kante, dort wo die Mattscheibe des Alten auch war. Dahinter hatte mein Opa offenbar einen alten Tisch so umgebaut, dass er auf dem Fernsehschrank stehend genauso breit und hoch wie der Flachbildschirm ist. Über dem Tisch lag ein weißes Deckchen und darauf standen Blumentöpfe und allerleih Krimskrams.
„So viel Zeug stand vorher auf eurem Fernseher?!“
Opa strahlte: „Nein, aber dahinter war nach dem Aufbauen so viel Platz, dass ich die Ablagefläche jetzt sogar viel größer machen konnte als vorher.“
Ich sah wie Mutter abwägte, ob es einen Sinn hätte hier weiter zu diskutieren.
„Ihr wisst aber schon, dass der eigentliche Sinn eines Flachbildschirms Platzersparnis ist, oder?“
Oma legte den Kopf schief, zuckte mit den Schultern und sagte philosophisch:
„Was bedeutet das schon, der ‚eigentliche Sinn‘?“
Mein Handy piepste.
Eine Erinnerung: „Regelblutung einlaminieren.“
Die Erinnerung kam einen Tag zu spät. Wichteln war am 1.Weihnachtsfeiertag.
Wichteln, Julklapp oder wie auch immer man es nennen mag. Ein seltsamer Brauch.
Auf jeden Fall hatte ich die Aufgabe die Regeln auszudrucken und da so ein doller Spaß natürlich stabsmäßig geplant werden musste, dachte man auch daran, dass vielleicht ein Getränk umkippen und das Regelblatt beschädigen könnte. Vielleicht rechnete man aber auch mit einem gezielten Attentat. Von mir z.B.
So oder so, sollte ich die Regeln nicht nur ausdrucken, sondern auch noch in Folie laminieren.
Irgendwann hab ich mal beschlossen, alles was die Autokorrektur vom Handy so an Absurditäten ausspuckt, fortan anstelle des eigentlichen Wortes zu verwenden.
Zum Glück benutzt man das Wort Regelblatt jetzt nicht allzu häufig, so dass ich in den seltensten Fällen Regelblutungen ausdrucken, einlaminieren oder einheften werden muss.
Aber mal gucken was das neue Jahr so bringt.
Jan 052014